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Japanische Animefilme verdanken ihre Beliebtheit bei einem westlichen Publikum vor allem den Filmen aus dem Studio Ghibli. Das Animationsstudio verdankt seine Erfolge besonders den Filmen von Hayao Miyazaki, der mit seinen märchenhaften, nachdenklichen oder heiteren Kreationen Zuschauer in aller Welt begeistert.
Tokyo – Wenn Cineasten von japanischen Animes sprechen, meinen sie oft die Produktionen aus dem Studio Ghibli. Seit 1985 verzaubern die anspruchsvollen Filme des Animationsstudios ihre Zuschauer. Hayao Miyazaki, einer der Gründer, prägte mit seinem Stil den Animefilm nachhaltig und schafft noch immer neue Klassiker.
Studio Ghibli: Hayao Miyazakis Traumfabrik
Die Studio Ghibli, Inc. ist ein seit 1985 bestehendes Animationsstudio, das vor allem für Animefilme bekannt ist. Wenn man japanische Animes nach Kassenerträgen und Auszeichnungen rankt, finden sich sechs der Filme aus dem Studio Ghibli unter den zehn bedeutendsten Produktionen Japans insgesamt. Allein „Chihiros Reise ins Zauberland“ spielte weltweit mehr als 290 Mio. US Dollar ein und ist damit der zweiterfolgreichste Film dieser Kategorie. Die Filme decken Märchen- und Fantasythemen ebenso ab wie dystopische Entwürfe, kritische Auseinandersetzungen mit der neueren Geschichte und die Überarbeitung von Literaturklassikern.
Studio Ghibli: Geschichte und Gründung
Möglich wurde die Gründung des Studio Ghibli durch den Kassenerfolg des Films „Nausicaä aus dem Tal der Winde“ – der Animefilm von Hayao Miyazaki war 1984 so erfolgreich, dass er sowohl die Motivation als auch das Startkapital für das Animestudio lieferte. Zu den vier Gründern gehören Hayao Miyazaki, dessen Name inzwischen untrennbar mit den Ghibli-Produktionen verknüpft ist, sowie Isao Takahata, der Produzent Toshio Suzuki und Yasuyoshi Tokuma.
Aufgrund des hohen Ausstoßes sowie wegen der Beliebtheit der Ghibli-Filme wird das Unternehmen gern als Disney Japans bezeichnet. Das wird allerdings dem Anspruch der Animes aus dem renommierten Studio nicht ganz gerecht. Denn die Produktionen von Studio Ghibli wollen nicht nur unterhalten, sondern in vielen Fällen auch zum Nachdenken anregen. Hayao Miyazaki selbst, der im Januar 2021 80 Jahre alt wurde, hört den Vergleich mit Disney nicht gern.
„Frischer Wind“ im Namen des Animationsstudios Ghibli
Der wenig japanisch klingende Name Ghibli ist ein italienisches Wort mit arabischen Ursprüngen. Der Ghibli (oder Gibli) ist in Nordafrika ein heißer Wind aus dem Süden, im Arabischen wird der G-Laut am Anfang des Worts hart ausgesprochen, ebenso das italienische Gh. Der Name des Studio Ghibli hingegen beginnt mit einem dsch oder dʑ. Hayao Miyazaki war „Ghibli“ als Bezeichnung eines italienischen Flugzeugmodells bekannt – mit der Entscheidung für den Namen sollte verdeutlicht werden, dass sein Animationsstudio frischen Wind für diese Filmkategorie generieren würde.
Während der ersten Jahre seines Bestehens hatte das Studio seinen Sitz in Kichijōji, 1992 zog das Unternehmen um in ein neues und vor allem geräumigeres Gebäude in Koganei, Tokyo. Derzeit liegt die Leitung in den Händen von Koji Hoshino als Präsident und von Toshio Suzuki als Geschäftsführer.
Animationsstudio Ghibli: Filme
Seit der Gründung des Studio Ghibli produzieren Hayao Miyazaki und die wachsende Zahl der Mitarbeiter Animefilme, die einen charakteristischen eigenen Stil haben. Fast alljährlich entstand ein neuer Welterfolg, beginnend mit „Das Schloss im Himmel“. Der Film „Nausicaä“ wird der Filmografie des Animationsstudios nicht zugerechnet, denn er entstand noch vor der Gründung.
- 1986: Das Schloss im Himmel
- 1988: Mein Nachbar Totoro
- 1988: Die letzten Glühwürmchen
- 1989: Kikis kleiner Lieferservice
- 1991: Tränen der Erinnerung
- 1992: Porco Rosso
- 1993: Flüstern des Meeres
- 1994: Pom Poko
- 1995: Stimme des Herzens
- 1997: Prinzessin Mononoke
- 1999: Meine Nachbarn die Yamadas
- 2001: Chihiros Reise ins Zauberland
- 2002: Das Königreich der Katzen
- 2004: Das wandelnde Schloss
- 2006: Die Chroniken von Erdsee
- 2008: Ponyo – Das große Abenteuer am Meer
- 2010: Arrietty – Die wundersame Welt der Borger
- 2011: Der Mohnblumenberg
- 2013: Wie der Wind sich hebt
- 2013: Die Legende der Prinzessin Kaguya
- 2014: Erinnerungen an Marnie
- 2016: Die rote Schildkröte
Bei den Themen für die Filme sind natürlich japanische Legenden vertreten, doch auch internationale Literatur wird im Studio Ghibli „animiert“ – beispielsweise bei der Adaption der „Erdsee“-Bücher von Ursula K. Le Guin, oder bei dem Film „Ponyo“, der sich an Andersens Märchen „Die kleine Seejungfrau“ anlehnt. (http://visitandersen.de/biografie/)
Studio Ghibli: Das ganze Spektrum des Schaffens
Weniger bekannt dürfte sein, dass Ghibli auch Kurzfilme und Dokumentationen produziert und 2014 eine Serie nach der Vorlage von Astrid Lindgrens Jugendbuchbestseller „Ronja Räubertochter“ herstellte.
Zu den Ikonen zeitgenössischer Kultur zählen in Japan der flauschige „Totoro“ aus dem gleichnamigen Film, der Soundtrack erfreut sich ebenfalls bis heute ungebrochener Beliebtheit. Ausländische Fans schätzen nicht nur die märchenhaften Filme, sondern zollen dem Anspruch der tragischen Kindheitserzählung „Die letzten Glühwürmchen“ Anerkennung – der Animefilm erzählt die Geschichte zweier Waisen während der Hungerjahre des Zweiten Weltkriegs.
Studio Ghibli: Oscars und weitere Auszeichnungen
Die handwerkliche Ausführung sowie der Anspruch der Filme aus dem Studio Ghibli führten dazu, dass Ghibli-Filme wiederholt hochkarätige Auszeichnungen erhielten. „Chihiros Reise“ erwies sich nicht nur als Kassenschlager, sondern wurde 2002 auch mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. Im darauffolgenden Jahr erhielt der Film den Oscar als bester Animationsfilm, weitere Ghibli-Filme wurden für den Oscar nominiert.
Den Anime Grand Prix des renommierten Magazins Animage erhielten unter anderem „Das Schloss am Himmel“, „Totoro“ und „Kikis kleiner Lieferservice“. Den Japan Academy Award for Animation of the Year gewann unter anderem die Adaption der „Borger“.
Studio Ghibli: Eigenes Ghibli-Museum in Mitaka
Schon seit 2001 gibt es ein eigenes Ghibli-Museum, in dem die Produktionen des Animationsstudios gewissermaßen zum Leben erweckt werden. Das Museum im Inokashira-Park in Mitaka ist eine Hommage an die Film-Animes. Bei der Realisierung des Projekts bediente man sich kreativer Architektur in Anlehnung an den Stil des Malers und Designers Friedensreich Hundertwasser, der den Ghibli-Gründern geeignet erschien, den Geist der Filme im Museum zu feiern. Besucher werden anhand interaktiver Displays durch eine bunte Kollektion geleitet und können Dauer- und Themenausstellungen genießen. Neben originalen Zeichnungen und Entwürfen aus den bekanntesten Filmen bietet das Museum eigens für die Ausstellung produzierte Kurzfilme.
Studio Ghibli: Beliebtes Museum – auch bei ausländischen Besuchern
Die Popularität des Ghibli-Opus belegt der Besucherstrom, denn das Animemuseum wurde rasch zu einem Publikumsmagneten nicht nur für japanische Besucher. Da die Filme des Animationsstudios und besonders das Schaffen Hayao Miyazakis weltweit geschätzt wird, pilgern auch Besucher aus dem Ausland nach Mitaka.
Eintrittskarten sind jedoch täglich nur in begrenzter Zahl verfügbar und müssen vorbestellt werden – aufgrund der hohen Nachfrage sind sie in Japan mindestens einen Monat vor dem geplanten Besuch erhältlich, im Ausland ist die Vorlaufzeit erheblich länger. Wer von außerhalb Japans anreist, muss einen Besuch rechtzeitig planen und die begehrten Tickets über eine der offiziellen Verkaufsstellen erwerben.
Studio Ghibli: Neue Projekte von Hayao Miyazaki
Der Meister meldete sich 2017 wieder einmal aus dem geplanten Ruhestand zurück. Hayao Miyazaki arbeitet nach einer mehrjährigen Schaffenspause an einem neuen Animefilm mit dem Titel „Wie willst du leben?“. Miyazakis neuestes Opus sollte bereits 2020 in japanische Kinos kommen, der Filmstart hat sich jedoch durch die Herausforderungen der Corona-Pandemie verzögert.
Der Film entlehnt seinen Titel einem 1937 erschienenen Roman von Genzaburo Yoshino, ist aber keine exakte Umsetzung der literarischen Vorlage. Vielmehr will der kreative Kopf des Studio Ghibli ein Fantasy-Abenteuer schaffen – jedenfalls, wenn man sich auf Andeutungen seines langjährigen Mitarbeiters Toshio Suzuki beruft, der bereits einen Teil der Storyboards sehen durfte. Damit will Miyazaki gewissermaßen den Kreis schließen, denn seine glanzvolle Karriere begann mit fantastischen, abenteuerlichen Storys.